Schrauben aufarbeiten
#1
Guten Abend, Liebhaber alten englischen Eisens,
anbei ein Bild vom Ergebnis einiger Winterabende in der Werkstatt. Alte Schrauben wieder aufarbeiten.
Als ich den 350cc Matchless Motor abgeholt hab, hab ich ein Kiste voller englischer Schrauben dazu bekommen. Die meisten in noch aufarbeitbarem Zustand. Erstmal alles voller Schmodder, Fett und Dreck der Jahrzehnte. Also ab in's Ultraschall und auskochen.
Dann haben viele Schrauben die Beschichtung verloren und Rost angesetzt. Also ab in die Sandstrahlkabine und schön mit feinen Kermikperlen entrosten.
Da an vielen Schraubne die Köpfe und Gewinde gelitten hatten noch schnell mit der Feile die ärgsten Spuren an den Köpfen entfernt und die Gewinde nachgeschnitten. Danach nochmal in die Sandstrahlkabine, um eine möglichst gleichmäßige Oberfläche zu erhalten.
Nach dem Strahlen geht's noch mal in's Ultraschall, zum entfetten und um Rückstände und Verunreinigungen aus dem (gebrauchten) Strahlgut zu entfernen.
Jetzt freut sich der Galvaniseur über die sauberen Schrauben und schmeißt die auch gerne in's Becken. Da ich mit Schrauben für die Triumph (die unaussprechliche Marke) gemischt hatte, kam so viel zusammen, dass es für Trommelprozesse gereicht hat. Da geht's dann nicht mehr nach Stück, sondern nach Kg.
So sieht dann das Ergebnis aus:
Viele Grüße
Andreas
Hallo Andreas,
saubere Arbeit ; und viel Arbeit! Bei mir muss das Thema "Ultraschall" und "Sandstrahlen" ausfallen.Sowas habe ich nicht! Feile tlw. Schmirgelpapier und final die Drahtbürste müssen es bei mir richten.
Da hätte ich schon noch die eine oder andere Frage an Dich:
> Du hast die Standrohre und die Hüllrohre für die Ventile "Hartvernickeln" lassen und redest davon, dass "nicht mehr geschliffen werde muss! Ich denke, Du meinst Schleifen/Polieren v o r dem Vernickeln, richtig?
> Wie ich sehe,sind die Gewinde auch beschichtet geworden. Ist das Thema "Aufschrauben von Muttern etc. problematisch" (z.B. bei Chrom wg. Härte und Schichtdicke), oder geht das so?
> Hast Du Erfahrung mit der Haltbarkeit der Hartnickelschicht?
> Letzte Frage: Wie liegt das preislich (ca.) zum Verchromen?
Viele Fragen, diese Fragen ... ...
Nette Grüße
Karl
#3
Hallo Karl,
- "die Hüllrohre für die Ventile", meinst Du die Hüllrohre für die Stößelstangen?
Die hab ich nicht bearbeiten lassen. Die gibt's günstig als Neuteile aus Edelstahl.
Was Du auf dem Bild siehst, sind die Standrohre für die vordere Gabel und für die Jampots. Die waren jeweils neu, aber ohne geeignete Beschichtung. Als Lauffläche für eine Kolbenstange eignet sich Hartchrom. Der Nachteil ist, es wird elektrochemisch aufgebracht, es ergibt sich keine gleichmäßige Schichtdicke und daher müssen solche Teile nach der Beschichtung auf Maß geschliffen werden.
Hartnickel, stromlos, chemisch Nickel, erzeugt eine gleichmäßige Schichtdicke und wird durch einen Temperprozess ausgehärtet, ist ähnlich Hart wie Hartchrom und muss eben nicht geschliffen werden.
Hartnickel ist ab ca. 30µm Korrosionsbeständig (Ist aber pflegeintensiver als Chrom). Dieses Maß genügt für die meisten Gewinde, um noch gängig zu sein. Bei Passteilen ist das schon ein Problem. Entweder wird das Maß vorher angepasst, oder das Gegenstück muss nachgearbeitet werden.
Hartchrom + schleifen ist ca. 10mal so teuer wir Hartnickel.
An meinem Tiger hab ich die Führungszapfen für die Bremszangen vor ca. 100tkm mit Hartnickel beschichten lassen. Jetzt war's mal wieder soweit, das eine große Revision nötig wurde. Die Trägerplatten mussten neu beschichtet werden. die Führungsapfen sehen aus wie neu. Und die Dinger waren in den letzten Jahren im Ganzjahresbetrieb auf der Straße. Ich bin zufrieden.
Wenn ich schöne Schichten haben will, dann lasse ich verchromen. Wobei ich die Teile selber vorbereite und "nur" Hochglanzchrom ohne schleifen und polieren machen lass. Für alte Teile, die nicht perfekt sein müssen, etwas narbig sein dürfen und eben "alt" aussehen dürfen, genügt das für meinen Geschmack völlig.
DSC_0117.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Viele Grüße
Andreas
Hallo Andreas,
ja, klar, ich meinte natürlich die Hüllrohre für die Stößelstangen; Sorry, da habe ich mich vertan.
Die Thematik mit Chrom an Kolbenstangen (hart & verschleißfest) ist mir so bekannt - der Grund für das nachfolgende Schleifen nicht. Gut zu wissen, danke dafür! "verchromen" habe ich geistig primär als Oberflächen-Veredelung/-Schutz abgespeichert und da kommt Schleifen/Polieren nur zur Vorbereitung vor.
Die Thematik Hartnickel ist für mich neu! Die Eigenschaften dieser Beschichtungs-Art klingen gut. Da ich gerade mit der Restauration meiner G11 zu Gange bin, muss ich mir mal meinen Teilesalat nochmals unter Aspekt "Hartnickel" nochmals anschauen. Der Umstand, dass ggf. auch Gewinde beschichtet werden können passt mir gut ins Konzept. Insofern ist Dein Beitrag für mich extra passend. Besten Dank dafür.
Eine Frage hätte ich doch noch: Das (konventionelle) Vernickeln, so wie ich es kenne, zeigt im Vergleich mit verchromten Teilen, einen "Gelbstich". Auf Deinen Bildern (z.B. die Standrohre) kann ich das so nicht erkennen. Ist dieser Unterschied bei Hartnickel weniger ausgeprägt?
Besten Dank im Voraus.
Viele Grüße
Karl
#5
Hallo Karl,
Nickel ist leicht gelblich. Ohne einen direkten Vergleich sieht's das geübte Auge. Wenn aber Chrom und Nickel nebeneinander liegen, dann ist's schon auffallend. Nickel wirkt "wärmer".
Einsetzten würde ich es nur bei Funktionsteilen, die eine Harte Oberfläche benötigen und die gleichmäßig beschichtet (homogene Schichtdicke) werden müssen. Der Korrosionsschutz durch gutes Chrom ist besser.
Auf den Fotos ist nicht gut zu erkennen, dass es sich um vier verschieden Beschichtungen handelt. Die dicken Schrauben (Bremse) und die Grundplatten für die Bremsanker sind Zink Oliv. Viele der englischen Schrauben sind entweder Zink gelb oder Zink schwarz. Nur die großen Muttern für die Jampots, die Führungszapfen der Bremszangen und die Schrauben für Fußbremmse und Schaltung sind vernickelt.
Viele Grüße
Andreas
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