Nachlese IJR 2018 in Brogueira/Torres Novas (Portugal)
Hallo zusammen,
zwar ist es schon wieder spät am Abend, aber irgendwann muss ich ja mal damit anfangen, eine kleine Schilderung meines IJR-Abenteuers niederzuschreiben...
Eigentlich habe ich mir mit 9 Tagen viel zu wenig Zeit für einen richtigen Urlaub gegönnt, aber ich wollte inkl. Vor- und Nachbereitung dann doch nur 2 Wochen Urlaub verbraten. Meine Streckenplanung sah vor, mit dem Auto und der Zweizylinder-Matchy auf dem Anhänger in Drei-Tages-Etappen hin- und wieder zurückzureisen. Die Hinreise von Di., 15. Mai, bis Do., 17. Mai; die Rückreise dann von Pfingstmontag, 21. Mai, bis Mittwoch, 23. Mai.
Meine gesamte Reiseplanung bestand zunächst einmal in der Festlegung der Strecke via Google Maps, wobei ich hin und zurück unterschiedliche Wege gewählt habe: auf dem Hinweg etwas weiter nordwestlich entlang der französischen Atlantikküste, über Bilbao, Valladolid und Salamanca nach Portugal; auf der Rückreise weiter südlich über Madrid, Zaragoza durch Andorra nach Frankreich und schließlich ab Metz wieder auf identischer Strecke (Saarbrücken, Kaiserslautern usw.) nach Hause.
Für meine Unterkünfte unterwegs habe ich einfach je drei gleich lange Etappen "abgesteckt" und mir dann von Google Maps die Hotelempfehlungen in der jeweiligen Ortsumgebung anzeigen lassen. Was dabei herauskam, war einfach klasse. Ich habe die unterschiedlichsten Kategorien von Unterkünften erlebt, jede auf ihre Weise empfehlenswert.
Na gut, bis auf die erste Übernachtung in Orléans - das mondän "Parc Hotel" genannte Etablissement entpuppte sich als reichlich heruntergerockte Herberge mit 30-jährigem Renovierungsstau. Aber letztlich war die Butze sauber und billig, das Frühstück leidlich passabel, die Lage an der Loire traumhaft; und das benachbarte Sternerestaurant hatte ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis. Am nächsten Tag wandelte ich auf den Spuren meiner Kindheit entlang der Loire (Landstraße!) und dann, ebenfalls abseits der Autobahn, via Royan per Fähre über die Gironde in die Pinienwälder von Montalivet. Abends kam ich ins spanische Baskenland, wo ich in einem in den Bergen gelegenen "Agriturismo" eingebucht war - Kühe mit Glocken auf 1.000 m Meereshöhe, aber unter mir im Tal schimmerte der Atlantik. Ein Traum! Am dritten Tag ging es dann durch spanische und portugiesische Hitze nach Torres Novas, eine recht große Kreisstadt unweit eines Autobahndreiecks zwischen Lissabon und Porto. Mein Hotel lag mitten in der Altstadt - ein Albtraum zum Fahren und Parken mit dem Anhängergespann!
Aber ich habe dann nur kurz mein Gepäck ins Zimmer gebracht und bin gleich weiter hinaus auf das Veranstaltungsgelände im kleinen Kuhkaff Brogueira gefahren. 7 km außerorts, kaum brauchbare Beschilderung - aber das Navi (...und schon wieder: Google Maps) hat´s gerichtet. Obwohl erst Donnerstag, waren schon etliche Teilnehmer (vor allem Niederländer und Engländer) da, große Wiedersehensfreude allerseits. Abends waren wir bestimmt 40 Leute.
Das Veranstaltungsgelände bestand aus einem ziemlich heruntergekommen Mehrzweckbau, Kategorie "Handballfeld mit Theaterbühne", und einem kleinen Anbau, in dem der örtliche Motorradclub (der sollte im Verlauf der Veranstaltung noch eine tragende Rolle spielen) sein Clubheim hatte. Dort war der Check-in, und dort gab es auch eine kleine Bar, die von Anfang an regen Zuspruch fand.
Vor der Halle gab es ein zementiertes Spielfeld für Basketball u. ä., dort parkten die Wohnmobile und die Trailer. Da habe ich dann auch meine Matchy abgestellt und meinen Anhänger in eine Ecke geschoben.
Drumherum ein paar karge, verdorrte Grasflächen, auf denen die Camper ihre Zelte aufschlugen.
Der zentrale Austragungsort war letzlich die ehemalige Schnaps-Destille von Brogueira auf der gegenüberliegenden Straßenseite. In einen steilen Hang hineingebaut, wies dieses dreistöckige Gebäude schwindelerregend steile Treppen mit schmalen Stufen auf. Man betrat das Gebüde zu ebener Erde und musste zwei Etagen hochklettern, um in den großen Versammlungsraum mit langer Bar, Tischen und Bänken für 150 Personen und einer großen Theaterbühne zu gelangen - denn als Theater für die Aufführungen eines sehr rührigen und engagierten Laienensembles wird das Gebäude inzwischen genutzt.
Vor dem Gebäude gab es jede Menge Tische und Stühle und einen kleinen Bierwagen. Dieser Bereich entpuppte sich in den darauffolgenden Tagen als die zentrale Begegnungsstätte der Rallye, zumal hier die Mitglieder des Motorradclubs auf riesigen Grills das Essen zubereiteten und das Bier ausschenkten. Okay, das Essen war immer für 19.30 bis 20.00 Uhr angekündigt und kam dann nie vor 21.30 Uhr auf den Tisch - aber alle hatten beim "Aufwärmen" und beim Betrachten der Hühner und Schweine auf dem Grill immer mächtig gute Laune bei fröhlichen und freundschaftlichen Gesprächen!
Die schließlich irgendwann doch fertig gegrillten Tiere wurden dann in den zweiten Stock befördert und dort mit Gemüse, Kartoffeln und Salat zu sehr schmackhaften Tellergerichten komplettiert, die allen hungrigen Mäulern sehr gut mundeten. Und wenn dann aufgegessen und abgeräumt war, gab es Disco vom Band (Freitagabend) oder eine Fado-Gruppe (Samstagabend).
Selten habe ich mich in der IJR-Gemeinde so wohl gefühlt - und das will bei all den tollen Veranstaltungen der Jahre seit 2006 (so lange bin ich jetzt dabei) duchaus etwas heißen. Vor allem die portugiesichen Motorradclub-Leute waren klasse - die meisten sprachen ein sehr gutes Englisch, alle waren unglaublich aufgeschlossen und gastfreundlich. Bart Limburg, Veranstalter vor Ort, ist ein vor Jahrzehnten nach Portugal ausgewanderter Niederländer, der die Veranstaltung mit stoischer Ruhe in geordneten Bahnen hielt - Motto: "Was sind schon zwei Stunden Verspätung? Wir sind doch zum Vergnügen hier." Seine lässige Stimmung übertrug sich geradezu magisch auf alle Teilnehmer-innen; kein Murren, kein Meckern, wenn es mal etwas länger dauerte.
Das Motorradfahren war eher Nebensache. Ich glaube, wir haben an keinem Tag mehr als 40, 50 Kilometer auf den Motorrädern zurückgelegt. Warum auch? Die kurzen Touren waren genau richtig, und wir haben trotzdem wohl alle Sehenswürdigkeiten in der Umgebung abgeklappert. Die Überreste einer alten römischen Villa; ein Landwirtschafts-Museum; und als durchaus spektakulären Höhepunkt den Besuch auf einer Ranch mit Stierkampfarena. Wobei "Stierkampf" hier eher mit "Stier-Wrestling" gleichzusetzen ist: Der Stier überlebt immer, er wird von bis zu 10 Stierkämpfern niedergerungen. Dabei lässt sich einer der zehn buchstäblich "auf die Hörner nehmen", sogleich sind die anderen zur Stelle und packen den Stier an allen vier Beinen und fangen ihn ein. Wir haben nur das Training mit Jungstieren von ca. 150, 200 kg Gewicht gesehen; aber angeblich machen die das auch mit großen 500kg-Bullen...
Besonders gefreut habe ich mich über die Anwesenheit unseres schottischen Freundes Ivor, der nach seiner Hüft-OP wieder munter herumhüpft und auf seiner dicken Aprilia-Enduro auf Achse angereist war. Roy Bellett, Rob Swift und einige andere englische Jampotler waren auf modernen Dreizylinder-Triumphs u. ä. angereist. Und natürlich war die niederländische Fraktion stark vertreten, mit Antoinette und Peter, Chris van Baal, Harrie van Ewijk und-und-und. Insgesamt haben über 100 Leute die Reise nach Brogueira gemacht!! (Dass auch "unser" Helmut dabei war, habe ich ja bereits an anderer Stelle erwähnt.)
Entsprechend sentimental fiel am Montagmorgen die allseitige Verabschiedung aus. Für mich ging die Reise dann zurück nach Spanien - auf verschlungenen, aber genialen Wegen über kleinste Landstraßen und Schmugglerpfade, die das Navi mir vorschlug. Meine erste Übernachtung in Zaragoza war ein Highlight, mit Übernachtung direkt am Ebro in einem architektonisch phantastischen Hotel und vielen weiteren architektonischen Perlen in einem neuen Viertel außerhalb der Stadt. Am zweiten Tag habe ich mir Andorra angeschaut und bin schließlich in der Corrèze gelandet, einer tollen Region mit irren Motorradstrecken, die wie eine Mischung aus Taunus, Eifel, Harz, Rhön und Odenwald anmutet. Meine Gastleute waren ein niederländisches Ehepaar, das vor vielen Jahren aus Rotterdam (oder Den Haag?) nach Frankreich ausgewandert ist. Nun betreiben sie in dem touristischen Kleinod Egletons eine Pension in einem alten Bauernhaus. Offensichtlich waren sie froh, sich mal wieder mit einem Reisenden in ihrer "Fast-Muttersprache" Deutsch unterhalten zu können - wir saßen noch lange bei Rotwein auf ihrer privaten Terrasse...
Am Mittwoch standen mir noch fast 1.000 km bevor, so bin ich schon früh um 6.30 Uhr aufgebrochen. Am späten Nachmittag um 18.00 Uhr war ich zurück in meiner Werkstatt, habe mein Gespann abgeladen und die Matchy einer schnellen Reinigung und Durchsicht unterzogen.
Fazit: Es war ein tolles Abenteuer mit vielen Eindrücken von Ländern und Leuten. Die Rallye war eigentlich von den objektiven Rahmenbedingungen "nichts Besonderes", aber von toller Freund- und Kameradschaft geprägt. Ich jedenfalls bin "abenteuersatt" und glücklich zurückgekehrt. Die Jampot-Gemeinde ist etwas ganz Besonderes!
Natürlich werde ich hier noch ein Album anlegen und einige (hundert) Bilder posten, nehme mir dafür aber noch ein wenig Zeit.
Und nächstes Jahr trifft man sich zur IJR 2019 in Norfolk/England!
Cheers, Jan
So, jetzt habe ich endlich noch ein paar Bilder "nachgeschoben". Nun ist meine Dokumentation - mit zugegebenermaßen sehr subjektiver Bildauswahl - komplett, es sind natürlich auch Eindrücke meiner Reise durch insgesamt 5 Länder (D, F, E, P, AND) dabei. Ich hoffe, es langweilt Euch nicht.
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